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Jost aus Soest schreibt über Firlitanz, Mittelalter:

Die Instrumente von Musica Firlitanz: Das Saitentamburin

Ein Begleitinstrument, bei dem vollständige Akkorde gespielt werden.

Freitag, 08. April 2016

Neben zahlreichen Flöten, Schlagwerk, einer Laute und neuerdings einem Portativ umfasst das Instrumentarium der mittelalterlichen Musikgruppe Musica Firlitanz auch ein Saitentamburin:

Saitentamburin, 8 Akkorde

Ich habe mich Anfang 2014 für dieses schöne Instrument entschieden, weil es einerseits leicht zu spielen ist (ich bin musikalischer Autodidakt), ideal zur Begleitung von Flöten/Gesang ist und außerdem noch gut transportabel. Meine Wahl fiel dabei auf das Instrument des österreichischen Instrumentenbauers Franz Bauer, dessen Instrumente ein sehr gutes Preis-Leistungs-Verhältnis besitzen.

Wie spielt man das Saitentamburin?

Auf dem Originalinstrument sind 24 Saiten aufgezogen: Jeweils drei nebeneinander liegende Saiten sind derart gestimmt, dass sie einen Akkord bilden, also Grundton + Terz + Quinte. So stehen mit diesem Instrument also 8 Akkorde zur Verfügung (im Original: G- D- A- und E-Moll, sowie B-, F-, C- und G-Dur).

Meistens spiele ich das Instrument mit einem Schlägel, ähnlich wie bei einem Hackbrett, nur dass hier immer drei Saiten gleichzeitig getroffen werden. Es werden also keine Melodien gespielt, sondern Akkorde zur Begleitung. Daher hört man auch manchmal die Bezeichnung "Akkordhackbrett" für diese Instrumentengattung:

Alternativ kann man das Instrument aber auch wie eine Gitarre spielen, also mit einem Plektrum oder mit den Fingern zupfen. Je nach Spieltechnik ergeben sich dabei unterschiedliche Klangcharakteristiken, welche von Gitarre, über Klavier bis zu einem Glocken-ähnlichen Klang reichen können. Typisch sind halt die obertonreichen und lang nachhallenden Klänge:

Das Saitentamburin in der Praxis

Mit dem Originainstrument kann ich einfache Lieder ohne Probleme begleiten. Viele mittelalterliche Stücke kommen mit nur wenigen verschiedenen Akkorden aus, so dass dort die Einschränkung auf vier Moll- und vier Dur-Akkorde keine große Rolle spielt.

Die Akkordfolgen der zu Beginn meiner "Karriere" ;-) meist gespielten Stücke habe ich auf kunstvollem Pseudo-Pergament gedruckt und auf der Decke meines Instruments befestigt, so dass das Begleiten dieser Stücke besonders einfach ist:

Individualisiertes Saitentamburin

Nach und nach kamen dann allerdings doch anspruchvollere Stücke hinzu, unser Repertoire wurde immer umfangreicher. So langsam zeigte sich, dass ich mit den 8 Akkorden langfristig nicht auskommen würde. Daher hatte ich die Idee der "Powerakkorde":
Die drei Saiten jedes Akkords werden derart gestimmt, dass von unten nach oben Grundton, Quinte und Terz erklingen. Wenn man nun beim Spielen (schlagen mit der rechten Hand) die oberste der drei Saiten dämpft (etwa mit dem Zeige- und Mittelfinger der linken Hand), so erklingt statt eines Dreiklangs ein Zweiklang aus Grundton und Quinte, vor allem bei E-Gitarrenspielern eben auch als "Powerakkord" bekannt.
Muss man in einem Stück also eigentlich ein D-Dur spielen, das Instrument bietet originär aber nur ein D-Moll, so kann dank Powerakkord-Technik trotzdem ein passender Zweiklang gespielt werden. Natürlich ist der Klang dann nicht ganz so voll, da ja nur zwei statt drei Saiten schwingen.

Probleme hatte ich aber auch mit dem Stimmen der vielen Saiten: Dies geschieht über Zitherwirbel, die mit einem Stimmschlüssel gedreht werden. Nun ist es aber so, dass das Eindrehen von Wirbeln in Hartholz relativ viel Kraft erfordert, so dass es mir sehr häufig passierte, über das Ziel hinaus zu schießen, da die Drehbewegung oft nur ruckartig erfolgte. Ein schnelle Feinjustierung vor Auftritten war damit leider unmöglich.

Nach knapp zwei Jahren Praxiserfahrungen zu zahleichen Gelegenheiten fasste ich daher den Entschluss, mein Saitentamburin umzubauen, um so all meine Ansprüche erfüllen zu können...

Der Umbau meines Saitentamburins

Mein "neues" Instrument bietet nun die Möglichkeit, 8 Akkorde sowohl in Dur als auch in Moll zu spielen, die Gesamtzahl der echten Akkorde hat sich somit auf 16 verdoppelt:

Mein "neues" Saitentamburin

Dazu habe ich unterhalb jeder 3er-Gruppe noch eine weitere Saite gespannt und die nun vier Saiten pro Akkordgruppe von unten nach oben folgendermaßen gestimmt: kleine Terz ("Mollterz"), Grundton, Quinte, große Terz ("Durterz"). Wird also auf die unteren drei Saiten geschlagen, erklingt der Moll-Akkord. Wird dagegen aber auf die oberen drei Saiten geschlagen, erklingt der entsprechende Dur-Akkord. Dadurch, dass sich bei dieser Aufteilung Dur und Moll den Grundton und die Quinte teilen, ist das neue Instrument nicht größer als das alte, obwohl es doppelt so viele spielbare Akkorde bietet.

Um zielsicher die oberen bzw. die unteren drei Saiten zu treffen (und nicht einen völlig disharmonischen Vierklang zu erzeugen), sind die Mollterz-Saiten nach rechts "tiefer gelegt", und die Durterz-Saiten entsprechend links. Dadurch liegen an den beiden Seiten des Instruments jeweils immer nur genau drei Saiten pro Akkordgruppe oben. Es erklingt also durch rechtes Anschlagen ein Dur-Akkord, auf der linken Seite dagegen ein Moll-Akkord:

 

Für das Problem des unpraktischen Stimmens des Instruments habe ich verschiedene Möglichkeiten überlegt und ausprobiert, so etwa Gitarrenwirbel (brauchen zuviel Platz), Geigenwirbel mit Planetengetriebe (viel zu teuer, aus unschönem Kunststoff), oder Saitenhalter für Violinen (verbiegen sich). Letztendlich fiel meine Wahl auf Saitenfeinstimmer, die einfach auf eine Saite geschoben werden:

Saitenfeinstimmer zum Aufstecken

Diese sind leicht, robust und sehr günstig: Durch Eindrehen der Schraube wird die eingeklemmte Saite verformt und dadurch insgesamt kürzer (bzw. die Spannung wird erhöht), so dass eine schnelle Feinjustierung ganz ohne Stimmschlüssel möglich ist.

Nun habe ich endlich ein Instrument, dass all meine Ansprüche erfüllt! :-)